Der Springer Verlag wird demnächst das neue Buch von Professor Dr. Meyer-Galow herausbringen:
Dies ist die überarbeitete und aktualisierte deutsche Ausgabe des im Jahre 2018 bei De Gruyter erschienenen englischen Buchs:
Business Ethics 3.0: The New Integral Ethics from the Perspective of a CEO
Es geht dem Autor um eine neue ganzheitliche Wirtschaftsethik, die gerade jetzt gefragt ist. Sein Appell in Anlehnung an die Forderung von Hans Küng aus dem Jahre 2010 lautet:
Mit einem Neuen Weltethos aus der Corona-Krise!
Möge sich das Mitgefühl jetzt in der Krise mehr entwickeln als der Egoismus. Diese neue ganzheitliche, integrale Ethik und Moral entwickelt sich aus dem inneren Wachstum, das auch Voraussetzung ist für Intuition und Innovation, damit unsere Wirtschaft, von der wir alle leben, nach der Corona-Krise wieder Fuß fassen und sich erholen kann. Wir haben jetzt die ganz große Chance, nicht wieder in alte egoistische Muster zurück zu fallen, sondern aus der Erfahrung der eigenen Angst unsere Lehren zu ziehen.
So wünscht sich der Autor, dass dieses Buch bei allen jetzigen verständlichen Sorgen nicht befremdlich wirkt, sondern vielleicht sogar zum richtigen Zeitpunkt in den Markt kommt, also ein Wake-Up-Call für unsere Gesellschaft und für die Wirtschaft wird. Das wird es dann, wenn das Individuum versteht und lernt, dass inneres Wachstum, aus dem Ethik und Moral sich entwickeln, ihm persönlich nützt. Seine Gesundheit, Widerstandskraft, Kreativität, Gelassenheit, Mitgefühl und Liebe zu sich selbst und zu anderen werden gestärkt.
1.2 Die Corona-Krise—Dilemma oder Chance für Ethik und Moral
Wir befinden uns jetzt, im März 2020, in der Corona-Krise, die alle Bereiche unseres Lebens stark beeinflusst. Zur Vermeidung der schnellen Ausbreitung des Covid 19 haben die Regierungen wie selten zuvor einschneidende Maßnahmen beschlossen, die unser berufliches und privates Leben sehr einschränken. Unsere individuelle Freiheit ist bedroht. Wir sind auf dem Weg zu einer Weltwirtschaftskrise. Produktionen werden stillgelegt, Lieferketten unterbrochen und die finanzielle Lage der Unternehmen verschlechtert sich in rasantem Tempo. Der Absturz der Kurse an den Börsen ist nur ein erstes Symptom. Zentralbanken weltweit, FED und EZB allen voran, haben im Schulterschluss mit den Regierungen massive Interventionen beschlossen, um Liquiditätsengpässe und den fortlaufenden Kollaps der Assetpreise zu vermeiden. Der Markt wird mit Geld in bisher nicht gekannter Größenordnung geflutet. Statt des Bail-Outs einzelner Banken und Versicherungen wie zuletzt 2008/09 werden nun ganze Industrien und Staaten gerettet. Es ist mit einer massiven Verstaatlichung der Privatwirtschaft zu rechnen. Keine guten Nachrichten. Wird das die Rettung bringen? Die Erfahrungen aus vergangenen Aktionen dieser Art sind nicht positiv. Ganz im Gegenteil hat die inflationäre Geldpolitik der letzten 10 Jahre in Verbindung mit der Verweigerung eine Bereinigung von Kapitalfehlallokationen zuzulassen, erst zu dieser immensen Fragilität der Märkte geführt. Das zuletzt durch Zentralbanken mikrogemanagte Kartenhaus stürzt nun ein. Eins ist klar. Nach der Corona-Krise wird die Welt anders aussehen, besonders auch die Wirtschaft. Es wird schon von einer De-Globalisierung gesprochen. Die Zunahme protektionistischer Maßnahmen haben wir schon vor der Krise erlebt. Dieser Trend wird sich jetzt noch beschleunigen. Die Rechnung werden die Verbraucher und die Steuerzahler zahlen.
Die Unternehmen geraten unter einen enormen Ergebnis-, wenn nicht sogar Existenzdruck. Sie kämpfen um das Überleben. In diesem Kampf ist noch weniger Platz für eine Verbesserung der Ethik und Moral. Egoismus wird sich breit machen. Rücksichtlosigkeit wird zunehmen. Es gab einen Aufschrei in Deutschland, als berichtet wurde, dass Trump versucht das Unternehmen CuraVac in Tübingen, das gute Fortschritte bei der Entwicklung eines Impfstoffes gegen Covid 19 macht, zu kaufen. Die Eigner haben sich aber gegen einen Verkauf ausgesprochen. Ob es überhaupt eine Offerte gab, bleibt offen. Auf der anderen Seite treten die zuvor dominanten Scheinprobleme im Angesicht unmittelbarer Gefahr in den Hintergrund. Die Krise lässt es nicht mehr zu, wertvolle Ressourcen auf Nichtigkeiten zu allokieren.
Der Appell zu einer ganzheitlichen, nachhaltigen Business Ethik 3.0 mag sich gerade jetzt befremdlich anhören. Umso wichtiger ist der Impuls, der von diesem Buch ausgehen soll. Einerseits werden der Egoismus und die Unmoral zunehmen, aber andererseits kommen Veränderungen nur dann in Gang, wenn der psychische Druck steigt (C.G. Jung). Das ist bei dem Individuum so und auch beim Kollektiv.
Die wichtigste Frage ist, wie das Individuum auf die Corona-Krise reagiert. Die Erfahrung lehrt, dass es um den Erhalt des Wohlstandes oder der Existenz kämpfen wird, auch wenn das zu Lasten anderer geht. Es wird von Panikkäufen berichtet. Warum gerade das Toilettenpapier ausverkauft war, bleibt mir ein Rätsel. Dass es kaum noch Desinfektionsmittel gibt, ist schon eher einleuchtend. Es wird immer wieder berichtet, dass Diebe in Krankenhäuser einbrechen und Desinfektionsmittel und Atemschutzmasken stehlen. Das Individuum trägt in erster Linie Atemschutzmasken, weil es sich selbst schützen will, nicht weil es andere schützen will. Das mag vielleicht der zweite Grund sein. Aber wenn die Lieferketten unterbrochen werden, können sich die Panikkäufe auch auf andere Waren ausdehnen. In USA steigt die Nachfrage nach Waffen und Munition. Das erinnert mich an The winner takes it all. Es ist dem Kunden egal, dass der nächste Kunde nichts mehr einkaufen kann.
Der Dortmunder Soziologe Johannes Weyer warnt davor, den bei vielen Bürgern ausgeprägten Hang zu Egoismus und Uneinsichtigkeit in der Krise zu unterschätzen. Studien würden zeigen, dass rund 40% der Menschen unbeirrt ihren Vorteil suchten, egal wie groß eine Krise sei. Weyer spricht vom soziologischen Typ der rationalen Egoisten, gegen den nur Verbote etwas ausrichten würden. (WAZ 21.3.20)
Auf der anderen Seite erlebt man aber auch, dass die Menschen zusammenrücken und sich gegenseitig helfen. Jüngere kaufen für Ältere ein. Freunde passen auf die Kinder auf, weil die Kindergärten geschlossen sind und die Eltern arbeiten müssen. Spendenaktionen laufen an. Das sind leichte Hoffnungsschimmer. Mitmenschlichkeit zeichnet sich gerade dadurch aus, dass man Kontakt zu seinen Mitmenschen sucht. Der soll aber nun gerade unterbrochen werden. Das ist eine völlig neue Erfahrung. Wir werden beobachten können, ob dadurch die Menschlichkeit reduziert wird oder gerade wegen dieser Ausnahmesituation wächst.
So wünsche ich mir, dass dieses Buch nicht befremdlich wirkt, sondern vielleicht sogar zum richtigen Zeitpunkt in den Markt kommt, also ein Wake-Up-Call für unsere Gesellschaft und für die Wirtschaft wird. Das wird es dann, wenn das Individuum versteht und lernt, dass inneres Wachstum, aus dem Ethik und Moral sich entwickeln, ihm persönlich nützt. Seine Gesundheit, Widerstandskraft, Kreativität, Gelassenheit und Liebe zu sich selbst und zu anderen werden gestärkt.
Ist nicht diese Stärkung gerade in der Corona-Krise so notwendig?
Auch wenn dieser Eigennutz der Einstieg in ein inneres Wachstum der Bewusstseinserweiterung sein kann, geht es doch immer um den Beitrag des Individuums zum Gedeihen unserer Gesellschaft. In Abwandlung der Forderung von Hans Küng in seinem Manifest Globales Weltethos (Küng 2010) formuliere ich meinen Appell:
Mit einem neuen Weltethos aus der Corona-Krise
Diese neue integrale Ethik und Moral entwickelt sich aus dem inneren Wachstum, das auch Voraussetzung ist für Intuition und Innovation, damit unsere Wirtschaft, von der wir alle leben, nach der Corona-Krise wieder Fuß fassen und sich erholen kann.
……………Unser großes Potential der Intuition liegt also außerhalb unseres Denkvermögens. Jeder hat Intuitionen, aber meistens zu wenige. Wir können den Intuitionsfluss wesentlich steigern, wenn wir gelernt haben an unsere unbewusste spirituelle Dimension anzuschließen. Oder anders ausgedrückt: Wenn wir innen spirituell wachsen, bekommen wir mehr Intuitionen von außen geschenkt. Und ethisch und moralisch sind wir dann ohnehin auf gutem Kurs. Man muss also vorbereitet sein, damit Intuitionen in hohem Maß fließen.
Louis Pasteur bringt diese Erkenntnis kurz und knapp auf den Punkt:
Der Zufall begünstigt den vorbereiteten Geist
Diese deutsche, oft zitierte Übersetzung ist jedoch aus meiner Sicht irreführend. Zufall hat für mich eine doppelte Bedeutung. Entweder es passiert etwas zufällig, also ohne Grund und Sinn oder es fällt uns etwas zu aus gutem Grund oder mit Sinn. Das letztere hat Pasteur aus meiner Sicht gemeint, oder ich würde ihn so interpretieren. Was ist mit Geist gemeint? Das ist wieder das Dilemma unserer deutschen Sprache. Soll unser Verstand, also unsere Denkfunktion sich mit Wissen anreichern oder soll unser Spirit, die spirituelle Dimension des Geistes, durch Nicht-Denken, sich erwartungslos offen halten? Meiner Meinung nach müssen wir beides tun, aber die Beschränktheit der ersten Option und die Weite der zweiten Option müssen wir wissen und erfahren haben. Also, wir müssen lernen, studieren und uns ins Wissen vertiefen und damit auch das zu lösende Problem definieren und strukturieren und wir müssen lernen genau diesen rationalen Prozess loszulassen, um den Raum für das das Transrationale zu öffnen.
Das französische Originalzitat hilft uns weiter:
Le hasard ne favorise que les esprits préparés
Es geht um den vorbereiteten esprit! Wenn man nun esprit von lat. ex spiritus (aus dem spirituellen Geist) ableitet, dann bedeutet Geist und Esprit die spirituelle Dimension, die oberhalb unseres Körpers, unseres Verstandes sowie der Seele liegt, die vorbereitet sein muss. (Pasteur 1933, S.348)
Dieses ganze Buch beschäftigt sich ja genau mit dieser Vorbereitung und Öffnung im Zusammenhang mit Ethik und Moral.