Fritz Gaede-Studienreihe zur Analytischen Psychologie Band 4
Könighausen und Neumann, Würzburg
„Vom Gegenwind zum Goldwind“ schrieb Fritz Gaede mir als Widmung in sein ausserordentlich zeitgemässes Buch, obwohl er sich ausführlich mit der Geschichte beschäftigt. Er nahm mit der Widmung Bezug auf mein Buch „Leben im Goldenen Wind“-Frieling Verlag, Berlin.
Ich würde seinen Vermerk mal so interpretieren: „ Wenn der Gegenwind bläst, muss man sich aufmachen, den Goldwind zu erfahren.“ Wie das geschehen kann, schreibe ich in meinem Buch.
Hochaktuell, weil Fritz Gaede auch zur Finanzkrise Stellung nimmt.
Bei den beiden Zitaten von Alfred Lichtenstein, mit denen er beginnt, muss ich sofort an die EURO-und Europakrise denken:
„Unglaublich friedlich naht das grosse Grauenhafte“ und
„Ach, wär ich geflohn, nun ist es zu spät. Mein Kopf fällt in die trostlosen Hände. Am Horizont ein Schein wie ein Schrei kündet Entsetzen und nahes Ende.“
Das passt. Gaede hat das Zitat nicht mit der Finanzkrise verbunden, sondern lässt es da, wo Lichtenstein es hinhaben wollte. Es geht um den Gegenlauf aus der „Belle Epoque“ zu der „Epoque horrible“.
Wenn es in der Politik der EU so weitergeht, wird es ziemlich „horrible“. Der Gegenlauf hat längst begonnen. Der Umkehrpunkt liegt weit hinter uns. Keiner hat es gemerkt. Eine klassische Verlauf-Gegenlauf-Sequenz. Hätte man mal dieses Buch damals in der Hand gehabt. Aber es ist erst jetzt erschienen. Man hätte Leibniz, Schelling, Böhme und Jünger lesen müssen-und Kant und Hegel. Gaede hat diese Vordenker studiert – und war damit für den „Gegenlauf“ gut vorbereitet.
Die Entscheidungen zur Einführung des EURO liegen weit hinter uns. Sie waren von uns nicht gewollt. Sie wurden durch Frankreich erzwungen als Preis für die Wiedervereinigungszusage. Die DM hatte sie immer schon gestört. Also wurde uns von Kohl der EURO als ein wunderbarer Katalysator zur Integration Europas verkauft. Die Währung sollte uns zusammen zwingen. Kohl et al. haben es wohl wirklich geglaubt. Es hat in der Geschichte so noch nie geklappt. Der erste Schritt muss immer eine gemeinsame Finanz-und Wirtschaftspolitik sein. Mit 3%-Maastricht-Kriterium und der Non-Bailout-Klausel hat man uns beruhigt. Die 3%-Klausel hat das Deutschland der Regierung Schröder/Eichel selbst gerissen. Damit war für alle anderen der Weg zum Schuldenmachen frei. Die Non-Bailout-Klausel haben dann die Nachfolger beseitigt. Die Glaubwürdigkeit der Politik ist hin. Der EURO ist ein stetig wachsender Sprengsatz für Europa. Wir driften eher auseinander als zusammen.
Bei Gaede kann man nachlesen, warum es so kommen musste, wie er an anderen Beispielen der Geschichte kenntnisreich aufzeigt. Er ist ein Kenner und schreibt nach fleissigem Quellenstudium.
Wer in Europa Politik gemacht hat und eigentlich mit dem Wählerauftrag Verantwortung tragen sollte, hat eben nicht vollzogen, die Verstandesentscheidungen auf die Vernunftebene zu heben. Die Egoismen der handelnden Personen bei den Banken und Staaten haben es nicht zugelassen, vernünftig zu handeln. Was wäre denn vernünftig gewesen? Bei jeder Entscheidung hätte man sich fragen müssen, ob die Verstandesentscheidung denn auch gut für einen ganzheitlich betrachteten Einigungsprozess in Europa wäre. Das ist unterblieben. Die Finanzpolitik in Griechenland, Portugal, Irland, Italien, Spanien…..war die gut für Europa? Wohl kaum. Jetzt stellt sich auch noch heraus, dass diese Politik noch nicht mal für das eigene Land gut ist. Die nordeuropäischen Staaten haben zugeschaut, oder besser gesagt, einfach weggeschaut. Ich möchte daran erinnern , dass man auch dafür verantwortlich ist, was man nicht tut (Rousseau).
Deshalb hat der Gegenlauf zur Zerstörung eingesetzt. Das vielleicht sogar erst gut Gemeinte, aus dem Verstand geboren, ist wegen fehlender Vernunft zum Sprengsatz der Zerstörung geworden.
„Das grausame Gesetz der Geschichte“ ist zu Recht der Untertitel von Gaedes Gegenlauf.
Gaede lässt die Frage offen, wie man denn nun „Vernunft lernen“ kann. Er hat C.G.Jung öfter zitiert. Nun, der gibt dazu eine Antwort. Die Individuation, der eigene Reifeprozess der Person, muss als Lebensaufgabe vollzogen werden. Daraus wächst eine Ethik des Handelns, bei der die Vernunft eine wichtige Rolle spielt. Der Mystiker würde sagen, dass der nur auf die Aussenwelt egozentrierte Mensch zum seinem Urgrund, wo er herkommt, finden muss und der liegt innen. Also, inneres Wachstum ist angesagt.
Wenn so gereifte Personen in der Wirtschaft oder der Politik an die Spitze kommen würden, dann und nur dann wäre mir um die Zukunft unseres Landes und unseres Europa nicht bange. Darauf aber können wir noch lange warten.
So hoffe ich, dass das Buch von Fritz Gaede zu vielen Lesern findet, denn es kann Gutes stiften in einer orientierungslosen Zeit.