Für sehr viele Menschen ist der Erfahrungsraum Musik leicht zugänglich. Wir alle hören gerne Musik. Das ist gut. Manche üben, ein Instrument zu spielen oder singen. Das ist noch besser.
In der Musik kann es gelingen, nach Durchschreiten des mentalen und emotionalen Raums durch tägliches Üben dann quasi absichtslos plötzlich im transmentalen und transemotionalen Raum eine SEINSERFAHRUNG zu machen. Wir wachsen, wenn wir üben. Jedes Üben ist wie eine MEDITATION. Es kann auch unerwartet beim Hören geschehen. Das ist dann die Erfahrung der GÖTTLICHEN DIMENSION in uns, die uns innerlich wachsen lässt. Alle Musik kommt aus der Stille. Diese Stille ist die Wirklichkeit, die die Buddhisten treffend LEERE nennen und wir GOTT, die Quantenphysiker HINTERGRUNDFELD. Aus der Wirklichkeit der Stille wird Musik durch den Interpreten für uns Zuhörer zur REALITÄT der Musik.
Wir können also in der Musik die STILLE erfahren, vor den Tönen, nach den Tönen und hinter den Tönen.
Daniel Barenboim sagt über die Stille:
„Der Klang erklingt und ist irgendwann wieder verschwunden. Das Auto, der Tisch oder der Stuhl bleiben da. Aber der Klang löst sich auf–in Stille. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Stille genauso zum Klang gehört wie der Krach. Beides steht in einer engen Beziehung. Und deshalb hat die Musik auch keinen Anfang und kein Ende. Ein Musikstück zum Beispiel beginnt nicht erst mit der ersten Note und endet nicht mit dem letzten Ton — es kommt aus der Stille und endet in ihr…
Er (der Klang) wird zur Stille, wenn er nicht gehalten wird. Er stirbt, wenn wir ihn nicht am Leben erhalten. Und das ist vielleicht ein Grund, warum Musik viel über uns Menschen aussagt: Auch wir vergehen — unser Leben ist zeitlich begrenzt. Genauso wie der Klang. Jeder Klang ist immer von Stille umgeben. Wie wichtig die Stille in der Musik ist, merke ich, wenn ich selbst in einem Konzert am Klavier sitze oder dirigiere.“
Um diese Erfahrung geht es auch für mich in der Musik.
Wenn ich Musik höre oder selbst Klavier spiele und transparent für diese WIRKLICHKEIT werde, kann ich Musik als GOLDENEN WIND erfahren, wie ich die Wirklichkeit in meinem Buch „LEBEN IM GOLDENEN WIND“ nenne.
Diese Transparenz zu erlangen, ist, wie schon erwähnt, die eigentliche Lebensaufgabe, der SINN DES LEBENS.
„MUSIK IST LEBEN“ sagt Barenboim.
Ich würde das noch erweitern wollen:
„MUSIK ERLEICHTERT DIR, DEN SINN DES LEBENS ZU ERFAHREN.“
Musik trägt also dazu bei, den Sinn des Lebens zu erfahren. Die ständige Übung der Achtsamkeit ist eine unerlässliche Voraussetzung.
Noch besser gelingt es mir natürlich, wenn ich selbst musiziere und nicht nur Musik MACHE. Es geht nicht um das MACHEN und ist es noch so perfekt, es geht um die Erfahrung des SEINS, ein anderes Wort für die Wirklichkeit.
Ohne Zweifel trifft bei vielen Menschen die Musik mitten in die Seele und berührt uns, löst Freude, aber auch Trauer aus. Berthold Auerbach hat Recht „MUSIK WÄSCHT DIE SEELE VOM STAUB DES ALLTAGS REIN“.
Diese Wirkung auf die Seele oder Psyche wirkt natürlich auch auf den Körper. Musik wirkt also psychosomatisch und sie wirkt meistens positiv. Deshalb gehen so viele Menschen in Konzerte. Sie fühlen sich wohl. Sorgen und Probleme verschwinden, zumindest kurzzeitig.
Ich möchte in meinem Verständnis von Musik aber noch einen Schritt weitergehen und nicht nur bei der Wirkung auf Körper und Seele stehen bleiben. Körper-Seele-Geist sind als Einheit zu verstehen und es geht mir darum, für diese Einheitserfahrung aller drei Ebenen zu werben und Sie zu begeistern. Die Musik spielt dabei eine überragende Rolle. Musik nur auf den Ebenen Körper und Seele zu erfahren, ist schön, aber bedeutet, nicht die volle Potentialität der Musik auszuschöpfen. Wir verschenken dann den vielleicht wichtigsten Erfahrungsteil der Musik, die GEISTIGE EBENE.
Musik, wie auch alle Kultur, ist nicht eine so ganz nette erholsame Freizeitbeschäftigung, die man immer kürzen kann , wenn das Geld knapp wird, sondern sie ist immer „must have und nicht nice to have!“, ein Erfahrungs-und Übungsraum, der für die Existenz der menschlichen Spezies überlebensnotwendig ist, besonders in Zeiten der überzogenen materialistischen Lebensweise wie heute.
Barenboim spricht von STILLE, Menuhin von SCHWEIGEN und STILLE. Yehudi Menuhin schlägt in seinen Aussagen die Brücke zum GEIST, zur WIRKLICHKEIT, zu GOTT, indem er ausdrückt, dass das Schweigen uns mit der UNENDLICHKEIT verbindet.
Für mich ist SCHWEIGEN und STILLE die UNENDLICHKEIT. Aus dieser Unendlichkeit entspringt alles Reale, also auch Klang, Melodie und Harmonie in der Musik. Sie drückt sich als Musik aus. Das zu erfahren, ist der eigentliche Sinn der Musik für mich.
Joachim-Ernst Behrendt hat die Musik und die Stille in der folgenden Formulierung verbunden:
„MUSIK IST EINGEPACKTE STILLE!“
Wie Barenboim richtig sagt, ist deshalb die Stille vor dem ersten und nach dem letzten Ton so wichtig.
WEIL MAN GENAU IN DIESEN KURZEN AUGENBLICKEN
DEN GOLDENEN WIND, DIE UNENDLICHE WIRKLICHKEIT, GOTT, ERFAHREN KANN, DURCH DIE MUSIK, DIE DA KOMMT UND DIE DA VERGANGEN IST
Die Möglichkeit zu dieser Erfahrung ist immer da, wenn man Musik hört oder musiziert. Sie kann auch auftreten, wenn man Musik MACHT und so viel übt, bis die Perfektion so weit gediehen ist, dass das EGO nicht mehr eingreifen muss.
Man ist dann im FLOW, wie bereits schon erwähnt. Vom FLOW zur geistigen Erfahrung ist es dann nur ein kleiner Schritt. Den kann man aber nicht erzwingen
ES IST EINE GNADE, wenn die göttliche Erfahrung sich in uns plötzlich offenbart.
„Musik ist der Hinweis auf andere Räume, auf das Überschreitende, das Versprechen der Ganzheit. ….
Musik ist Offenbarung gelebten inneren Lebens……Wir kommen mit der Musik in größere Räume, egal ob wir spielen, singen oder hören. Wir sind nicht mehr allein. Eine andere Art von Hinhören, von Dahinterhören und Dazuhören entsteht. Wir werden durchlässiger….“
(Irmtraud Tarr „Leben macht Sinn. Was uns bewegt und weiterbringt“ Kreuz Verlag 2010).
Ich fasse zusammen:
Deshalb kann der Erfahrungsraum Musik uns in dieser Leistungsgesellschaft so wunderbar stabilisieren und wir nähern uns dem SINN UNSERES LEBENS.
Wenn ich manchmal morgens zu Beginn des Tages das Präludium C-Dur aus dem Wohltemperierten Klavier von Bach spiele, begleiten mich diese göttlichen Töne durch den ganzen Tag.